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Weltweit wehren sich Staaten und schicken deutschen Müll wieder zurück. Ändern wird das nichts, meint Junge Welt-Autor Ronald Weber in der Jungen Welt vom 12.2.2022. „Ist der Müllexport doch auch ein Ausdruck für die Machtverhältnisse auf unserem Planeten.“ Der folgende Text wurde mit freundlicher Genehmigung des Autors und des Verlages 8. Mai veröffentlicht.

Müllexport

01.02.2022

Die giftigen Rauchwolken waren kilometerweit zu sehen. Ende Mai 2018 brannte in der polnischen Kleinstadt Zgierz eine Mülldeponie. 50.000 Tonnen Abfall standen in Flammen. Der Müll war vorsätzlich in Brand gesteckt worden – eine billige Alternative zum Recycling, bei der der Staat auch noch die Kosten für die Löscharbeiten trägt. Ein Viertel des verbrannten Mülls stammte aus Deutschland, ein Teil davon war illegal ins Nachbarland verbracht worden, wie das ARD-Magazin »Monitor« im August 2019 berichtete. Seitdem sich der Müllexport nach Polen vervielfacht hat – im Jahr 2015 waren es noch knapp 50.000 Tonnen, 2019 bereits 270.000 Tonnen –, finden Zollbeamte bei Kontrollen immer öfter als sortiert deklarierte Ladungen vermischten Abfalls, dessen Entsorgung in Deutschland besonders teuer ist. Wieviel Müll tatsächlich jedes Jahr illegal nach Polen gelangt, ist unklar. Allein 2018 entdeckten Kontrolleure 13.000 Tonnen illegale Abfälle.

Polen zählt seit einiger Zeit zu den wichtigsten Abnahmeländern für deutschen Plastikmüll und hat mittlerweile den Spitzenreiter Malaysia verdrängt. Der Inselstaat war 2018 zum Hauptimporteur aufgestiegen, nachdem China seine Regelungen drastisch verschärft hatte. Auch nach Indonesien, Vietnam und Indien hat die Menge des exportierten deutschen Plastikabfalls seitdem stark zugenommen.

An erster Stelle der Exportländer stehen aber die Niederlande mit 136.000 Tonnen, was zunächst verwundern mag. Das ist zwei unterschiedlichen Gründen geschuldet. Zum einen dem Umstand, dass im fortgeschrittenen Kapitalismus natürlich auch Müll ein lukratives Geschäft ist, schließlich kann Plastik als Brennmasse für Kraftwerke genutzt oder zu Kunststoffgranulaten verarbeitet werden, aus denen wiederum Polyesterkleidung oder Straßenpoller hergestellt werden; unter den Top Ten der Importeure deutschen Plastikmülls finden sich dementsprechend auch Österreich und die Schweiz. Der andere Grund dafür, dass die Niederlande das Hauptexportland für deutsche Plastikfolien, PET-Flaschen und andere Materialien sind, ist aber schlicht der, dass sich dort mit Amsterdam und Rotterdam zwei große Seehäfen befinden und ein Gutteil des Plastikabfalls einfach weiterverschifft wird – und zwar in die Türkei. Das Land, das ohnehin auf Platz zwei der deutschen Exportliste steht, ist also mutmaßlich der Hauptabnehmer von Plaste und Elaste made in Germany.

MuellMuseum_Soldiner_Kiez_Plastikmüll_Pixabay
MuellMuseum_Soldiner_Kiez_Mann_mit Elektromüll_Pixabay

Für Unternehmen in Deutschland, wo die jährliche Pro-Kopf-Erzeugung von Verpackungsmüll mit 39 Kilogramm besonders hoch liegt, ist der Müllexport auch ein probates Mittel, um die vom Verpackungsgesetz vorgeschriebene Recyclingquote einzuhalten, die durch die zum 1. Januar 2022 in Kraft getretene Gesetzesänderung noch einmal verschärft wurde. Wird exportierter Plastikmüll in zertifizierten Anlagen recycelt, so geht dies in die deutsche Quote mit ein. Ob der Abfall dann vor Ort tatsächlich recycelt oder unter niedrigen Umweltstandards wie im polnischen Zgierz verbrannt wird – mit allen negativen ökologischen Folgen wie Emissionen und dem Eintrag von Plastik und Schadstoffen in Böden und Gewässer – lässt sich kaum kon­trollieren.

Die betroffenen Staaten lassen sich das immer weniger bieten und versuchen, den Müll zurückzuschicken. Indonesien hat das 2019 bereits vorgemacht. Die Türkei und Griechenland haben ebenfalls gefordert, dass deutscher Müll zurückgeholt werden soll. Die Grünen-Umweltministerin Steffi Lemke fordert nun ein weitgehendes Verbot des Plasteexports und hofft auf eine EU-einheitliche Regelung. Das wäre ein kleiner Schritt nach vorne. An den Bildern riesiger Müllkippen voller Kleidung und Elektroschrott in vielen Ländern der sogenannten dritten Welt wird das aber nichts ändern. Sie werden uns noch lange begleiten, ist der Müllexport doch auch ein Ausdruck für die Machtverhältnisse auf unserem Planeten.

 

 

 

 

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Text von Junge Welt-Autor Ronald Weber