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Denis Mukwege

Diese Tragödie wissentlich zu ignorieren, macht uns mitschuldig

12.10.2020

Im Müll Museum Soldiner Kiez kommen immer wieder die Arbeitsbedingungen zur Sprache, unter denen Mobiltelefone, Smartphones und Laptops entstehen. Die Skulptur Digital Jesus nimmt eben diese Themen auf und schafft Reflexionen bei den kleinsten: auch unser Konsum sorgt für Krieg.
In der DR Kongo werden Bodenschätze abgebaut – und führte bereits unter der belgischen Kolonialherrschaft zu massiver Gewalt. Wer mehr über den Krieg im Kongo erfahren möchte, sollte hier einmal reinlesen. Wir drucken hier einen Teil der Rede ab, die der kongolesische Gynäkologe Denis Mukwege zur Verleihung des Friedensnobelpreises 2019 hielt, und die in den Sozialen Medien verbreitet wurde. Mukwege ist Gründer und leitender Chirurg des Panzi-Hospitals in Bukavu in Kongo.
Flagge DR Congo
Darstellung des Kunstwerks Emilia
„Mein Name ist Denis Mukwege. Ich komme aus einem der reichsten Länder unseres Planeten. Dennoch gehören die Menschen meines Landes zu den ärmsten der Welt. Die traurige Wahrheit ist, dass der Reichtum unserer Bodenschätze – Gold, Coltan, Cobalt und andere Mineralien, die Grundursache für Krieg, extreme Gewalt und erbärmliche Armut ist. Wir lieben schöne Autos, Schmuck und Geräte. Ich habe selber ein Smartphone. Diese Dinge enthalten Mineralien, die in unserem Land gefunden werden, abgebaut unter unmenschlichen Bedingungen, von Kindern, die Opfer von Einschüchterung und sexueller Gewalt sind. Wenn Sie Ihr Elektromobil fahren, ihr Smartphone benutzen oder ihren Schmuck bewundern, nehmen sie sich eine Minute Zeit, über die Herstellungsbedingungen dieser Objekte nachzudenken. Als Konsumenten, das wenigste, das wir tun können, ist darauf zu bestehen, dass diese Produkte unter menschenwürdigen Bedingungen hergestellt werden. Diese Tragödie wissentlich zu ignorieren, macht uns mitschuldig.  Es sind nicht nur die Gewalttäter, die verantwortlich sind für die Verbrechen, es sind auch die, die sich entscheiden, wegzuschauen. Mein Land wird systematisch geplündert, von Menschen, die sich unsere Anführer nennen. Geplündert für ihre Macht, für ihren Wohlstand und Ruhm. Ausgeraubt auf Kosten von Millionen von unschuldigen Männern, Frauen und Kindern, gefangen in extremer Armut. Während die Profite der Mineralien in den Taschen der Mächtigen landen. Zwanzig Jahre lang habe ich jetzt Tag für Tag im Panzi-Spital die grauenhaften Folgen der fehlerhaften Misswirtschaft meines Landes gesehen. Säuglinge, Mädchen, junge Frauen, Mütter, Großmütter und auch Männer und Jungen werden auf grausame Art vergewaltigt, oft öffentlich und kollektiv durch Einschieben von glühend heißem Plastik oder scharfen Objekten in die Genitalien. Ich erspare Euch die Einzelheiten. Das kongolesische Volk wurde gedemütigt, misshandelt, niedergemetzelt – in den letzten zwei Jahrzehnten im Wissen der Völkergemeinschaft. Heutzutage mit Zugang zur besten Kommunikationstechnik, die wir jemals hatten, kann niemand sagen: „Ich habe nichts davon gewusst!“ Mit diesem Friedensnobelpreis fordere ich die Welt auf, Zeuge zu sein und bitte sie mitzuhelfen, diesem Leid ein Ende zu setzen, das die Menschheit beschämt. Die Menschen meines Landes brauchen dringend Frieden.“

ABOUT LENA REICH

Lena ist Journalistin und Gründungsmitglied des Müll Museums. Sie schreibt, initiert und setzt sich leidenschaftlich für die Bildung von Kindern und Jugendlichen – nicht nur im Kiez – ein.